Bikepacking – 4 außergewöhnliche Fahrradtaschen fürs Gravelbike selber nähen
Im letzten Sommer bin ich mit einem neuen Hobby durchgestartet. Angefixt von meinem Mann und aufgrund von Knieschmerzen beim Laufen, habe ich mir ein Gravelbike zugelegt.
Für alle die sich jetzt fragen, was das ist, hier mal die Kurzfassung: ein Gravelbike ist eine Mischung aus Rennrad und Mountainbike. Also ein sportlich-leichtes Rad mit Rennradlenker das breitere, stollige Reifen hat mit denen man auf Schotter und im Wald fahren kann. Gerne werden diese Räder auch fürs Bikepacking genutzt.
Nachdem wir jetzt ein Jahr lang die nähere Umgebung und im letzten Urlaub auch schon mal den Süden Deutschlands mit Tagestouren befahren haben, sollte dieses Jahr ein neues Abenteuer dazukommen. Unsere erste mehrtätige Bikepacking-Tour.
Radtechnisch waren wir schon gut ausgestattet und mein Mann hatte auch schon alles weitere, mir fehlten allerdings noch die passenden Taschen fürs Rad. Was gibt es da Schöneres als zwei Hobbys miteinander zu verbinden und die Fahrradtaschen einfach selbst zu nähen!
Fahrradtaschen nähen
Entgegen der im Handel verfügbaren Fahrradtaschen in lebensbejahendem schwarz und grau, fallen meine Taschen im rosa-grauen Leomuster schon ganz schön aus der Reihe. Als ich den Outdoorstoff bei Alles für Selbermacher* entdeckt habe, musste ich gleich zuschlagen. Die Farben passen einfach zu gut zu meinem Pink Grizl (wie ich mein Gravelbike liebevoll getauft habe).
Oberrohrtasche – Top Tube Bag
Meine erste selbstgenähte Fahrradtasche für mein Gravelbike war direkt nach der Rad-Anschaffung eine kleine glitzernde Oberrohrtasche. Diese habe ich eigentlich dauerhaft über die Verschraubungen meines Fahrrads montiert um alltägliche Dinge wie Taschentücher, Wechselbrille oder einen Riegel unterzubringen.
Für die Tasche habe ich mir zuerst direkt am Fahrrad eine Schablone aus Pappe erstellt. Dort habe ich die Länge, Höhe und die Position der Verschraubungen genau aufgezeichnet um daraus ein Schnittmuster zur erstellen. Für die Breite der Tasche habe ich das Oberrohr vermessen damit die Tasche möglichst bündig ist und ich später nicht mit den Beinen daran entlangreibe.
Meine Top Tube Bag habe ich komplett aus rosa Glitzervinyl genäht. Dadurch brauchte ich keine Verstärkung und die Tasche hat trotz dünnem Innenstoff einen tollen Stand. Montiert wird die Tasche über zwei Verschraubungen auf dem Oberrohr, die ich innen durch eine gepolsterte Lasche mit Klettverschlussunterseite versteckt habe. Vorne habe ich zusätzlich ein Gurtband mit Klettverschluss und Vierkantring angenäht mit der die Tasche am Steuerrohr befestigt wird.
Rahmentasche – Frame Bag
Vor unserem geplanten Bikepacking-Abenteuer in den Sommerferien habe ich mich an die Planung für die Fahrradtaschen gemacht. Zuerst habe ich mit dem Tablet auf einem Foto meine Planungen aufgezeichnet um eine bessere Vorstellung zu bekommen wie ich eine möglichst große Tasche realisieren kann und trotzdem noch mindestens eine Flasche im Rahmendreieck Platz findet. Da ich einen kleinen Fahrradrahmen fahre, würde ich bei Kauftaschen höchstens die kleinste Größe montiert bekommen, die leider sehr wenig Platz bietet. Ich habe mich daher entschieden meine Tasche am Sattelrohr etwas tiefer gehen zu lassen um Stauraum zu schaffen.
Die Planungen habe ich dann wieder direkt am Fahrrad auf eine große Pappe aufgezeichnet, die Befestigungspunkte markiert und daraus ein Schnittmuster erstellt.
Direkt am Schnittmuster habe ich mir die Höhe des Reißverschlusses eingezeichnet und mich trotz des wasserdichten Reißverschlusses* für einen verdeckten Reißverschluss entschieden. Dafür habe ich den oberen Teil durch die doppellagige Reißverschlussabdeckung erweitert. Die Seiten des Reißverschlusses habe ich mit Stoffenden versehen, damit das nähen der Seitenteile später leichter geht.
Ich habe meine Taschen bewusst einlagig, ohne Innenfutter, genäht um Gewicht zu sparen. Daher habe ich den Outdoorstoff* an allen Nähten zusätzlich mit einem ZickZack-Stich versäubert.
Als beide Seitenteile fertig waren, habe ich die Gurtbänder mit Klettband* zur Befestigung am Fahrrad aufgenäht. Beim Nähen bin ich von rosa Baumwollgurtband auf schwarzes Polyestergurtband umgeschwenkt, da ich dieses an den Enden verschmelzen konnte. Leider passte mein rosa Klettband jetzt nicht mehr so gut.
Als letzten Schritt habe ich die Außenteile mit dem Seitenstreifen verbunden. Die Nähte versäubert und auf den Seitenstreifen abgesteppt, damit sich die Tasche besser ausformt.
Die erste Anprobe hat direkt gepasst! Auf dem Foto sieht man ganz gut den Unterschied von vor dem Absteppen.
Die Rahmentasche hat Reißverschlüsse auf beiden Seiten, da ich noch eine Teilung der Tasche vorgenommen indem ich ein Seitenteil direkt mit einem gleich großen Innenstoff versehen habe. In dieses schmale Fach passen flache Dinge wie Handy, Riegel oder ein kleines Fahrradschloss. Darauf fand dann auch noch das sehr passende Label „Choose Happiness“* Platz.
Das große Hauptfach bietet Platz für Kleidung oder Hygieneartikel. Bei so einer Tour sollte man sich natürlich auf das absolut Nötigste konzentrieren um Gewicht zu sparen.
Lenkertasche – Bar Bag
Nachdem die Rahmentasche genäht war hat sich bei mir doch etwas Panik breitgemacht, ob ich alle Sachen untergebracht bekomme. Da noch Stoff und Zeit bis zur Reise übrig war, habe ich mich wieder an die Nähmaschine gesetzt und nach dem Vorbild der Tasche meines Mannes eine Lenkertasche entworfen.
Auch diese Tasche habe ich aufgrund der Gewichtsthematik einlagig, ohne Innenfutter, genäht. Lediglich den Boden habe ich mit Decovil light* verstärkt.
Den Rücken habe ich mit Style Vil* gepolstert, da diese Fahrradtasche ein extra Gimmik hat.
Hinter der Polsterung mit der Fahrrad-Steppung versteckt sich ein Gurtband* um die Tasche als HipBag tragen zu können. Die Lenkerhalterungen verschwinden dafür durch die Löcher hinter dem Polster und die Tasche kann schnell mal mitgenommen werden. Das Gummi* mit dem Kordelstopper an der Unterseite dient dazu die Tasche an der Lenkerstange zu fixieren.
Die Vorderseite habe ich mit einem Rest vom Glitzervinyl versehen, damit die Tasche gut zur Top Tube Bag passt. Besonders praktisch finde ich die Gummischnüre* unter die man schnell mal die Regenjacke klemmen kann.
Snack-Tasche – Food Pouch
Mit der Food Pouch nach einem Freebook von Myog habe ich mein Fahrradtaschen-Quartett vervollständigt. Die Tasche ist schnell genäht und wird über zwei variable Klettbänder an Lenker und Vorbau sowie durch ein Gummiband* mit Kordelstopper an der Gabel befestigt.
Diese Tasche habe ich als Einzige mit einem Innenstoff versehen und wieder mit Decovil light* im Boden verstärkt. Der Innenstoff hat sich allerdings als weniger praktisch erwiesen, da er ständig mit rauskrabbelt wenn man etwas aus der Tasche holt. Eventuell muss ich ihn am Boden mit ein paar Handstichen fixieren.
Im Gegensatz zum Namen Food Pouch habe ich die Tasche bei unserer Tour tatsächlich für eine zweite Trinkflasche verwendet.
3-Tages-Bikepacking Tour – Sweet and Sauerland
So bepackt ging es Anfang Juli dann auf unsere erste mehrtätige Bikepacking-Tour mit Hotelübernachtungen. Ich hatte im Internet die Sweet and Sauerland Tour auf bikepacking.com gefunden und für unser Abenteuer ausgewählt sowie im Vorhinein zwei Hotels gebucht.
Tag 1 – von Meinerzhagen nach Reiste
Wir sind mit dem Auto morgens nach Meinerzhagen aufgebrochen und haben auf dem Wanderparkplatz unsere Räder bepackt und uns umgezogen. Leider war das Wetter nicht ganz so sommerlich wie bei der Planung erwartet, sodass wir mit langen Trikots und Regenjacken losgeradelt sind.
Nach ein paar Meters durch die Stadt waren wir ziemlich schnell im Wald irgendwo im Nirgendwo mit jeder Menge Schotter, Waldboden und Höhenmetern.
So kamen wir am Ende des Tages mit 66,6km und 1.547 Höhenmetern an unserem Hotel an. Kurz vor dem Hotel haben wir die geplante Route verlassen, uns den letzten Anstieg gespart und einen Pizzastopp in Eslohe eingelegt, da das Restaurant in unserem Hotel Ruhetag hatte.
Tag 2 – von Reiste nach Bad Berleburg
Unser zweiter Tourtag hat uns nach einem leckeren Frühstück im Hotel über jede Menge Höhenmeter nach Bad Berleburg geführt.
Wir saßen keinen Kilometer auf den Rädern, schon ging es bergauf. Unser Running-Gag war übrigens das sobald es in den Anstieg ging die Sonne hinter den Wolken hervorkam. Ist ja nicht so, das uns ohnehin schon vom Strampeln warm wurde.
Kurz darauf ging es auch schon in den ersten langen Anstieg des Tages, hoch zum Hunauturm.
Der größte Anstieg der gesamten Tour folgte sobald. Es ging hoch zum Kahlen Asten auf 830m ü.NN. Die Strecke führte zum Glück größtenteils über Asphalt, kämpfen musste ich trotzdem.
Oben gibt’s nicht viel zu sehen außer einer überteuerten Wirtschaft die man bei so einem Tourimagnet wohl erwartet. Da es Dienstag war und das Wetter eher mäßig, war es hier allerdings sehr ruhig.
Mit den zwei Anstiegen in den Beinen ging es weiter über Stock und Stein. Nachdem wir irgendwann eine Wiese bergauf fahren mussten, ging bei mir leider garnichts mehr. Mein Mann hat kurzerhand die Route um die größten Anstiege herumgeplant, sodass ich mich auf Asphalt (in seinem Windschatten, wenn es denn ging) bis zum Hotel gequält habe. Ich hatte meine Fitness bei der Tourauswahl wohl doch etwas überschätzt.
Tag 3 – von Bad Berleburg nach Meinzerhagen
Unseren dritten Tourtag haben wir am Abend zuvor noch großzügig angepasst. Da an diesem Tag die meisten Kilometer mit jeder Menge Höhenmeter anstanden hatte ich Angst es sonst nicht bis zum Auto zu schaffen.
So hatten wir an diesem Tag zwar jede Menge Straßenkilometer, aber ich konnte meine Windschatten-Skills ordentlich ausbauen. Da für den Abend ein Unwetter in NRW vorausgesagt wurde, hatten wir an diesen Tag auch noch ordentlich Gegenwind.
Mit der tollen Unterstützung meines Mannes und viel Zähne zusammenbeißen haben wir es schließlich am Nachmittag noch vor dem großen Unwetter mit Gewitter und Sturm zum Auto geschafft.
Danach folgte der obligatorischen McDonald’s Besuch während das Auto noch ein paar Kilometer Strom für den Rückweg geladen hat.
Unser Fahrrad-Urlaub hat mir richtig gut gefallen, auch wenn ich beim nächsten Mal entweder kürzere Tagesabschnitte mit weniger Höhenmeter wählen oder vorher mehr trainieren würde. Meine selbstgenähten Fahrradtaschen haben sich allerdings mehr als bewährt.
Für alle die bis hierher wirklich alles gelesen haben: RESPEKT und ANERKENNUNG! Der Blogpost ist einfach immer länger und länger geworden, aber ich konnte mich nicht bremsen 😆. Falls trotzdem noch Fragen offengeblieben sind, schreibt es mir gerne in die Kommentare.
Infos (inkl. Werbung):
Schnitte: Oberrohrtasche – Schnitt selbst erstellt, Rahmentasche – Schnitt selbst erstellt, Lenkertasche – Schnitt selbst erstellt, Stem Bag – Myog
Stoffe: Outdoorstoff – Leo Animal Print – Grau/Rosa/Schwarz – abby and Amy*, Taschenstoff Christian mint, Tüll rosa, Glitzervinyl rosa
Linkpartys: Creativsalat, Froh und #kreativ, Dings vom Dienstag, Handmade Monday, Lieblingsstücke, Magic Crafts, kostenlose Schnittmuster
* die gekennzeichneten Links sind sogenannte Affiliate-Links. Wenn du auf so einen Affiliate-Link klickst und über diesen Link einkaufst, bekomme ich von dem betreffenden Online-Shop oder Anbieter eine Provision. Für dich verändert sich der Preis nicht.
14 Comments
Elisabeth
Hallo,
ein grobes Schnittmuster ohne Maße der Hip Bag/ Lenkertasche fände ich auch super. Die ist genial. Traue mich aber nicht gänzlich freestyle daran. Ein Paar Tips an Schwierigen Nähten wäre auch super.
Danke und LG Elisabeth
Catrin
Hallo Elisabeth,
leider bin ich beim Nähen der Tasche etwas unter Zeitdruck geraten und habe daher auch nicht mehr so viele Fotos vom Entstehungsprozess gemacht. Daher kann ich leider keine weiteren Tipps zum Schnittmuster geben. Vielleicht schaust du dich einfach mal nach einem ähnichen Schnitt um, den du entsprechend anpassen kannst.
LG Catrin
Ella Hüsemann
Hi,
kommst du mit dem Stoff zurecht bzw ist er auch bei strömenden Regen Wasser fest? Benutzt du noch innen taschend ie wasserdicht sind?
Unglaubliche Taschen
Catrin
Hallo und danke für dein Lob,
beim Nähen bin ich mit dem Stoff super zurechtgekommen, falls du das meinst. Bei strömendem Regen habe ich die Taschen bisher nicht ausführen müssen, daher kann ich leider keine Erfahrungsberichte darüber geben, ob sie wasserdicht sind. Im Zweifel würde ich wahrscheinlich tatsächlich zu Zippbeuteln im Inneren tendieren, aber ich bin sowieso eher eine Schönwetter-Fahrerin und würde die Tour bei Regenvorhersage eher verschieben ☺️.
LG Catrin
Sina
Hi, wirklich tolle Taschen hast du da gemacht! Bin ganz verliebt. Ich habe das große Problem, dass in mein kleines Gravel (S Rahmen) die Oberrohrtaschen auch nicht hinpassen. So ne Idee wie du hatte ich auch schon mal. Muss ich gleich mal meiner Mama zeigen (die ist die begabtere im Nähen von uns beiden).
Liebe Grüße
Sina
Catrin
Danke für den lieben Kommentar. Das mit der Tasche im kleinen Rahmen ist wirklich ein Problem, vor allem wenn man nicht unbedingt einen „Arschrakete“ fahren möchte. Die Lösung die zweite Flasche nach oben an den Lenker zu verlegen hat sich bei mir wirklich bewährt. Viel Spaß beim Planen der Taschen.
LG Catrin
Silke
Hallo Catrin,
hast du die Nähte abgedichtet? Wenn ja, wie? Oder sind die Taschen nicht wirklich wasserdicht?
Danke 🙏
Catrin
Hallo Silke,
die Nähte habe ich nicht zusätzlich abgedichtet. Bin eher ein Schönwetter-Fahrer und habe daher darauf verzichtet. Einem kleinen Regenschauer halten sie so bestimmt auch stand, aber halt nicht auf Dauer.
LG Catrin
Laura
Hallo, teilst du auch das Schnittmuster der Lenkertacshe? VG
Catrin
Hallo Laura,
ich habe die Tasche nur so grob vorher entworfen und dann beim Nähen weiterentwickelt. Daher gibt es nicht wirklich ein Schnittmuster. Ist ja auch stark unterschiedlich wie die Abstände sein können, je nach Vorbaubreite und Luft über dem Reifen. Aber da es sich ja um einen einfachen Quader handelt, kann man sich mit ein bisschen Erfahrung sicher schnell selbst einen Schnitt erstellen.
LG Catrin
ELFi
Hallo Catrin,
ich hab bis zum Schluss durgehalten und bin rundum begeistert! Deine Taschen sind ein Wahnsinn und danke, dass du das Rad erklärt hast. Ich habe den Namen heute zum ersten Mal gehört! Die Radreise war offensichtlich anstrengend, aber wunderschön – wenn man nach den Fotos geht. Ich mag das Bild von euch beiden auf der riesigen Bank und das mit dem Bären, der aus dem Hochstand rausschaut! Vielen Dank fürs Zeigen und Erzählen beim DvD, ich freue mich sehr über deine Verlinkung. Liebe Grüße
11i
Catrin
Danke Elfi für den lieben Kommentar. Die Tour war tatsächlich ganz schön anstrengend, aber ich würde es jederzeit wieder so machen. Am Ende ist man sehr stolz auf sich. Das Foto mit dem Teddy habe ich extra für unseren Mittleren gemacht, der ist total teddyverrückt!
LG Catrin
Sonja
Wow Respekt für diese Tour! Und die genähten Taschen sind einfach toll 😍
Liebe Grüße
Sonja
Catrin
Danke dir Sonja 🥰. Liebe Grüße zurück!
Catrin